Geheimplan Isolierungslager

Es wurde mehr als zwanzig Jahre im Verborgenen vorbereitet, für den Tag X, der glücklicherweise nie kam. Seit 1967 plante die Stasi, im Falle einer inneren Krise 2.955 Personen festzunehmen, 10.726 zu isolieren und 72.258 verstärkt zu überwachen und gegebenenfalls ebenfalls zu verhaften. Das wahre Gesicht der Diktatur, es hätte sich an diesem Tag schlagartig offenbart.

 

Jeden konnte es treffen

Dabei wurde zwischen Internierungs- und Isolierungs-Lagern unterschieden. Ausländer und Transitreisende wären in den Internierungslagern inhaftiert worden, Isolierungslager richteten sich gegen die eigene Bevölkerung.

Im größter Geheimhaltung und mit Stasi-typischer Akribie wurden jahrelang Namenslisten tagesaktuell gehalten. Darauf fanden sich alle diejenigen wieder, die von der Staatssicherheit zur Opposition gezählt wurden, also Ausreisewillige, Friedensaktivisten, Umweltschützer, Bürgerrechtler, regimekritische Autoren und Künstler. Auch Ausländer und Transitreisende wären im Falle einer Krise oder militärischer Auseinandersetzungen interniert worden. Da in den Augen der Stasi quasi jeder ein potenzieller Staatsfeind war, konnte es auch jeden treffen, der in irgendeiner Weise negativ aufgefallen war.

 

Burgen und Schlösser

Für dieses zynisch als "Vorsorgekomplex" titulierte Geheimprojekt waren Stasi-Agenten landesweit unterwegs, um geeignete Gebäude für die Internierung Zehntausender ausfindig zu machen. In die Planung wurden zahlreiche Burgen und Festungsbauten einbezogen, so beispielsweise im Bezirk Karl-Marx-Stadt die Augustusburg (Deckname "Gitter 1"). Im alten Gemäuer wären am Tag X  6.000 Menschen interniert worden. Ob die Vorliebe für alte Gemäuer einer Fantasie nach mittelalterlicher Grausamkeit oder rein pragmatischen Überlegungen entsprach ist nicht überliefert. Folterungen wären an diesen abgelegenen Orten jedenfalls leichter möglich gewesen. In jedem Kreis war ein Gebäude für die Inhaftierung vorgesehen, insgesamt waren es mehr als 35.

 

Den Tag X verpasst

Selbst dort hätte die Stasi wohl noch Informationen gesammelt. In Apolda beispielsweise sollten zwei Spitzel, die IMS "Kellner" und "Bert Kaufmann" die isolierten auf Schloss Beichlingen ausspionieren. Zu Beginn der Montagsdemonstrationen erhöhte sich die Zahl der zu Inhaftierenden drastisch. Warum der Tag X niemals kam, das wird wohl ein ungelöstes Rätsel bleiben. Allein nach Erich Mielke kann es nicht gegangen sein, denn der hätte, ähnlich wie bei "Grenzverletzern" wohl gesagt: "Alles Käse, Genossen! Hinrichten, wenn notwendig auch ohne Gerichtsurteil."

 

Hier noch einige Links zum Thema:

Vorbereitung auf den Tag "X" Die geplanten Isolierungslager der Stasi Quelle: BStU

Kennwort Rosenstock Quelle: Der Spiegel 30/1990

Operation Wüstensand - Isolierungslager für unliebsame Bürger Quelle: mdr

Stasi wollte kritische DDR-Bürger in Isolierungslager sperren Quelle: Thüringische Landeszeitung online

 

Ich habe - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - eine Karte der Isolierungs- und Internierungslager erstellt. Es gibt keine einheitliche Liste, die Karte basiert vielmehr auf einer Sichtung zahlreicher Veröffentlichungen.

 

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